Vermehrung von Regiosaatgut – gewusst wie

Sammlung

Die Sammlung des als Ausgangsmaterial verwendeten Saatgutes erfolgt in ausgewählten Naturbeständen aus der freien Landschaft in den verschiedenen Ursprungsgebieten Deutschlands. Der Sammler beerntet zeitversetzt möglichst viele verschiedene Individuen am Naturstandort, um eine hohe genetische Bandbreite der Arten zu erhalten.
Er besitzt ein umfangreiches botanisches Fachwissen und weiß um den pfleglichen Umgang mit der Natur. Zudem achtet er darauf, dass die lokale Population durch die Sammlung nicht beeinträchtigt wird. Die Genehmigungen zur Entnahme des Saatgutes erteilen die Unteren Naturschutzbehörden auf Landkreisebene.

Anbau / Vermehrung

Das Ausgangsmaterial des gesammelten Saatgutes wird in Saatschalen im Gewächshaus gesät und nach Keimung und entsprechender Entwicklung pikiert. Nachdem sich aus den Keimlingen in den Multitopfplatten kräftige Pflanzen entwickelt haben, werden diese per Setzmaschine auf den Acker gepflanzt.
Die Gewinnung der ersten Ernte der neu angebauten Art ist dann oft umfangreich genug, um einen größeren Feldbestand anzulegen, der in den Folgejahren Saatgut für den Handel liefert. Von der Sammlung des Ausgangsmaterials bis hin zu einer ersten ertragreichen Ernte vergehen meist 4 bis 5 Jahre. Ist nach einigen Jahren im Anbau die 5. Tochter- oder Filialgeneration erreicht, muss neues Ausgangsmaterial gesammelt werden, um eine genetische Einengung der Art durch den Anbau zu verhindern.
Nicht alle Arten müssen im Gewächshaus vorgezogen werden, manche Pflanzen lassen sich auch gut über eine Direktsaat auf den Acker bringen. Entscheidend hierfür ist, neben einer ausreichenden Menge an Saatgut, das Wissen um die Jugendentwicklung der Pflanzen.

Pflege

Das Wetter im jeweiligen Wuchsjahr hat sowohl großen Einfluss auf die Entwicklung der Pflanzen als auch auf den Aufwuchs der Beikräuter. Ein Entfernen der nicht erwünschten Vegetation ist bei allen Kulturen regelmäßig erforderlich. Manche der angebauten Arten verlangen eine dauerhaft intensive Pflege und auch Pflanzenschutzmaßnahmen, um gesund zu bleiben und um sich gegen die Konkurrenz von Ackerunkräutern wie Disteln, Melde, Hirtentäschel, Ackerhellerkraut usw. durchsetzen zu können. Für den erfolgreichen Anbau und die Pflege jeder einzelnen Wildpflanzenart bedarf es eines umfangreichen Spezialwissens, welches sich aus genauen Beobachtungen der Natur, vielen Versuchen und natürlich auch Fehlschlägen entwickelt hat. Es beruht ausschließlich auf persönlicher Erfahrung und könnte auch als unser „spezifisches Betriebs-Know-how“ bezeichnet werden.

Ernte

Die Ernte der verschiedenen Arten gestaltet sich vielfältig. Manche Art lässt sich nur in Handarbeit beernten, Saatgut mit Flugsamen, z. B. des Wiesen-Bocksbarts, wird abgezupft oder abgesaugt und muss durch Netze vor Vogelfraß geschützt werden. Einige Arten werden in Handarbeit nur vorgeerntet, die Haupternte erfolgt zu einem späteren Zeit­punkt maschinell. An Maschinen kommen Schneidlader, Samensauger, Mähdrescher und Mähwerk mit Hungerblech zum Einsatz.

Trocknung

Die Trocknung der geernteten Pflanzenteile inklusive des Saatguts sollte möglichst zügig nach der Ernte geschehen, um Schimmel zu vermeiden. Als Orte der Trocknung eignen sich Gewächshäuser oder eine Scheune. Die Trocknung des Materials kann auch mit dem Satztrockner, durch Kistentrocknung, auf Trockenhorden oder durch Wagentrocknung erfolgen.

Reinigung

An Reinigungsmaschinen stehen uns verschiedene Trieure, Tischausleser, Dreschmaschinen und auch Siebmaschinen, Steigsichter, Reiber, Schneckentrieur und Bandausleser zur Verfügung. Mit diesen Maschinen wird das Saatgut durch vielfältige Auslesemethoden wie Rütteln, Sieben und Windreinigung aufbereitet.

Lager

Es stehen uns zudem 5 Kühlhäuser mit Temperaturen von -4 °C bis +10 °C zur Verfügung. Diese Temperaturen sorgen für den Erhalt der Keimfähigkeit und schützen das Saatgut vor dem Befall durch Schädlinge. In unserem Lager werden die gereinigten Samen als Einzelarten nach Ursprungsgebieten getrennt eingelagert. Erst wenn wir unsere Katalog- oder Sondermischungen erstellen, werden die einzelnen Komponenten miteinander vermischt.